«Lázár» von Nelio Biedermann, «Die Holländerinnen» von Dorothee Elmiger, «Im Meer waren wir nie» von Meral Kureyshi, «Verzauberte Vorbestimmung» von Jonas Lüscher und «Grossmütter» von Melara Mvogdobo stehen auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises 2025. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 42’000 Franken dotiert. Der oder die Preisträger/in erhält 30’000 Franken, die vier anderen Finalist/innen erhalten jeweils 3’000 Franken. Die öffentliche Preisverleihung findet am Sonntag, 16. November 2025 im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals BuchBasel statt.

Die Begründung der Jury «Was für ein starker Jahrgang! Mit existentieller Wucht greifen die fünf nominierten Bücher zentrale Fragen des Lebens und Schreibens auf: Wie wollen wir leben? Was verbindet uns miteinander? Und welche Geschichten erzählen wir von uns? Jeder Text geht in Sprache und Komposition ganz eigene Wege, und so öffnet sich eine grosse Bandbreite zwischen Ausschweifung und Verknappung, leisen Tönen und grossen Gesten, Trauer und Leichtigkeit. Von der Schweiz nach Ungarn und in den lateinamerikanischen Dschungel, von der ägyptischen Wüste nach Kamerun: Es sind Bücher, die in das Wesen der Schweiz eindringen und weit über die Landesgrenzen hinausgehen, teils auch an die Grenzen des Erzählbaren, und die den Lesenden weite Horizonte eröffnen.»
Nelio Biedermann «Lázár» (Rowohlt Berlin Verlag)
Als Lajos von Lázár im Waldschloss zur Welt kommt, scheint die Welt für die ungarische Adelsfamilie noch in Ordnung. Doch schon bald wirft das Ende des Habsburgerreiches einen Schatten auf ihr luxuriöses Leben, im Zweiten Weltkrieg wird sich Lajos an der Verfolgung der ungarischen Jüd/innen beteiligen, bevor die Familie durch die Enteignung durch die Kommunist/innen alles verliert. In einer poetischen Sprache, mit viel Intensität und doch mit Leichtigkeit erzählt Biedermann vom Leben der verschiedenen Generationen. Und alle treibt die Frage um, wie man zwischen Versehrtheit und Lebenshunger richtig leben soll.
Dorothee Elmiger «Die Holländerinnen» (Carl Hanser Verlag)
Eine bekannte Schriftstellerin erkennt, dass sie an die Grenzen ihres Schreibens gekommen ist. Vor Jahren fuhr sie für ein Theaterprojekt in die lateinamerikanischen Tropen – ein gefragter Regisseur wollte den Fall zweier verschwundener Holländerinnen rekonstruieren. Die Reise in den Dschungel wird für die Gruppe zur Grenzerfahrung. Es entsteht ein Netz von abgründigen Geschichten, die sie einander erzählen. In einem Zustand zunehmender Auflösung stellen sich Fragen nach der Sinnhaftigkeit des Lebens und den Möglichkeiten der Kunst. Elmiger lotet die Grenzen des Erzählbaren aus und legt zugleich einen Beweis für die ungeheure Kraft der Literatur vor.
Meral Kureyshi «Im Meer waren wir nie» (Limmat Verlag)
Lili zieht ins Altersheim, und ihre Familie sucht jemanden, der sie regelmässig besucht. Die Ich-Erzählerin willigt ein. Sie und Lilis Enkelin Sophie leben im selben Haus, wo sie sich gemeinsam um deren achtjährigen Sohn Eric kümmern. Noch verschweigt die Erzählerin, dass sie wegen einer neuen Stelle bald wegziehen wird, sie ringt mit der verblassenden Freundschaft zu Sophie und mit der Tristesse des Altersheims. Als Lili schliesslich stirbt, wagen die jungen Frauen einen Neubeginn. Kureyshis Roman beschreibt in überraschenden Sprachbildern und anhand kleiner Alltagsszenen die Vielfalt weiblicher, freundschaftlicher, familiärer Lebensentwürfe. Und immer wieder stellt sich die Frage: Welche Wurzeln halten uns, und was drängt uns zum Aufbruch?
Jonas Lüscher «Verzauberte Vorbestimmung» (Carl Hanser Verlag)
Das jahrhundertealte Thema «Mensch und Maschine» wurde für Jonas Lüscher zu einer existentiellen Erfahrung, als er eine Covid-Erkrankung nur durch die Hilfe modernster Technik überlebte. Dieses geschärfte Bewusstsein der Sterblichkeit zieht sich als roter Faden durch den Roman. Lüscher wechselt zwischen Zeiten, Orten und Erzählperspektiven, erzählt von einem Soldaten im Ersten Weltkrieg, von einer Stand-up-Comedian im Kairo der Zukunft, einem böhmischen Weber und einem Schriftsteller auf Recherche. Ein Buch, das grundlegende Fragen umkreist und dabei erzählerisch neue Wege einschlägt.
Melara Mvogdobo «Grossmütter» (Transit Verlag)
Der Roman handelt von zwei Grossmüttern, die in ganz unterschiedlichen Welten leben und die doch viel gemeinsam haben. Die eine stammt aus einer armen Schweizer Bauernfamilie, die andere aus einer wohlhabenden Familie in Kamerun. Als junge Frauen haben sie Träume. Sie heiraten, werden gedemütigt und spüren die engen Grenzen der patriarchalen Gesellschaften, in denen sie beide leben. Doch irgendwann setzen sie sich zur Wehr. In einer überraschenden Parallelführung zweier Leben zeigt Mvogdobo das, was Frauen über Kulturen und Kontinente hinweg verbindet. Das Buch besticht durch die knappe, messerscharfe und zugleich bewegende Sprache ebenso wie durch seine Milieuschilderungen.
Die Jury 2025
Die fünfköpfige Jury hat aus den 94 eingereichten Titeln aus 50 Verlagen fünf für die Shortlist nominiert. Aus dieser Nominationsliste bestimmt die Jury den oder die Preisträger/in des Schweizer Buchpreises 2025. Die Entscheidung wird von der Jury schriftlich begründet. Die Mitglieder der Jury sind in ihrer Entscheidungsfindung unabhängig.
Der Eintritt ist frei. Die Platzanzahl ist beschränkt. Gratis-Tickets können ab dem 3. Oktober 2025 unter www.buchbasel.ch bezogen werden. Die Nominierten werden ihre Bücher auf einer Lesetour mit neun Stationen in Deutschland und der Schweiz sowie an einem Book-Circle-Online-Event von Orell Füssli präsentieren.
pd






